Bücher für schwierige Zeiten: Als die Namen verloren gingen
Ein Bilderbuch über Trennung und Streit
Im Januar 2018 startete dieser Blog mit der Reihe Gut informiert ins neue Jahr und beschäftigte sich mit dem Klimawandel, der Weltgeschichte, Armut und den Weltkulturen.




In diesem Jahr möchte ich wieder, dass wir gut informiert starten und zwar mit Lesefutter für den EQ – die emotionale Intelligenz. Die in den nächsten Tagen vorgestellten Bilderbücher beschäftigen sich mit unterschiedlichsten schwierigen Zeiten, sie bieten betroffenen Kindern Halt und den sie umsorgenden Erwachsenen die Möglichkeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie erweitern den Horizont und helfen uns dabei, die eigenen emotionalen Krisen und auch die der anderen besser zu verstehen.
Den Anfang macht heute Als die Namen verloren gingen von Jana Walczyk und Andrea Katzenberger. Ihr kennt das sicherlich: Jede Familie hat ihren eigenen Wortschatz und ihre ureigenen Kosenamen. So ist es auch in Jakobs Familie. Seine Eltern, die zwei „Turteltauben“, nennen sich „Pfirsichblüte“ und „Herzblatt“, Jakob ist ihr „Knuffelchen“.

Doch manchmal ist es ja leider so, dass es nicht bei diesen Kosenamen und der guten Stimmung bleibt – Jakobs Eltern beginnen immer öfter miteinander zu streiten, aus der „Sahneschnitte“ wird eine „Zimtzicke“, Papa ist plötzlich „hundsgemein“ und „saublöd“. Und auch mit Jakob wird immer öfter geschimpft, er soll „mit dem Affentheater“ aufhören und nicht essen „wie ein Schwein“: Sie waren Tiere geworden.
Jakob hält diese Stimmung unter dichtem Nebel Zuhause nicht mehr aus, er zieht sich zurück und baut sich ein „Schaffel“ mit Panzerglas, in dem er fremde Länder, Märchenwelten und Planeten besucht – Hauptsache, weit, weit weg von seinen streitenden Eltern.

Doch irgendwann muss sich jeder seinen Problemen stellen. Jakob trifft auf seiner Reise ein Mädchen, das ähnliche Sorgen hat, es ist ebenfalls in einem „Schaffel“ unterwegs und versucht verzweifelt, sich an seinen Namen zu erinnern. Durch einen Wirbelsturm und weil beide sich hinter ihrem Panzerglas hervortrauen, erlangen sie gemeinsam ihre Namen zurück und purzeln in Jakobs Garten, wo sie bereits von ihren Eltern verzweifelt gesucht werden. Es endet mit einem Happy End: Der unheimliche Nebel hatte sich in Luft aufgelöst, ihre Eltern waren keine Tiere mehr und sie waren Freunde geworden.

Dieses Happy End ist vielleicht der einzige Kritikpunkt, den ich habe, denn nicht selten gehen Trennungen weniger glimpflich aus – ein Elternteil wechselt vielleicht den Wohnort oder bricht den Kontakt zum Kind ab oder das ehemalige Paar schafft es eben einfach nicht, Freunde zu werden.
Doch wenn wir vielleicht gar nicht von einer Trennung der Eltern, sondern einer schwierigen Zeit ausgehen, ist Als die Namen verloren gingen sowohl für die streitenden Eltern als auch für betroffene Kinder ein tröstliches und sehr fantasievolles Bilderbuch. Ich mag besonders den Ansatz, Namen und Begriffe wörtlich zu nehmen (toll in Szene gesetzt durch die Illustrationen von Jana Walczyk): Es erinnert uns daran, was Worte (nicht nur) bei Kindern auslösen und wie sehr sie die Stimmung vergiften können.
Jana Walczyk, Andrea Katzenberger: Als die Namen verloren gingen. Kunstanstifter 2018, ab 4 Jahren, 22,00 €.
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