Ein Pudel, zwei Herren, drei Marionetten…
Es gerät ja manchmal ein wenig in Vergessenheit – sowohl in meinen verschiedenen Jobs, in denen ich diverse Male auf Zahlenkolonnen in Excel-Tabellen starrte und mehr oder weniger lustige Formeln verfluchte, als auch in meinem anderen Leben als Bloggerin für Kinderliteratur, in dem ich manchmal solche Dinge gefragt werde wie „Und als Sie dann Kinder bekommen haben, wollten Sie dann einfach über Kinderbücher schreiben?“
Es gerät in Vergessenheit, aber hin und wieder denke ich daran: Ich bin Literaturwissenschaftlerin. Dieser Weg war bereits in meiner Schulzeit absehbar und so kam es, dass ich zweimal Faust I im Unterricht durchnahm und zwar jeweils im Deutsch Leistungskurs des 12. Jahrgangs, den ich einmal wiederholte. Im ersten Durchgang schrieb ich in der dazugehörigen Klausur 3 Punkte (eine 5+), im zweiten Durchgang nach Jahrgangs- und Lehrerwechsel 13 Punkte (eine 1-). Über Lehrer*innen, Unterrichtsmethoden und Notenvergabe mag ich seitdem nicht mehr herumwundern. Das hilft sehr, wenn man dann eigene Schulkinder hat. An dieser Stelle: Herzliche Grüße an Frau Engelbrecht, ich liebe Sie noch immer sehr und bin mir sicher, dass Sie viele Schülergenerationen vor und nach mir zu besseren Menschen gemacht haben!

In meinem Studium der Neueren deutschen Literatur- und Medienwissenschaft (Puha!) saß ich dann in einem Hauptseminar zu Faust I und (!) Faust II und lernte als erstes, dass das, was man mir dazu in der Schule beigebracht hatte, nur ein kleiner Furz war – eine Aussage, die Goethe sicherlich erfreut hätte. Bis heute bin ich wirklich fasziniert davon, wie Goethe das alles wissen konnte, was er da schreibt und frage mich, ob er wohl Hellseher war. Jahrelang zitierte ich Am Ende hängen wir doch ab / Von Kreaturen, die wir machten. (Faust II) und werde damit noch heute von einer meiner besten Freundinnen aufgezogen (Herzliche Grüße an Tina, dich liebe ich auch sehr. Dieses Jahr kommt übrigens Jumanji 2 ins Kino, doch das ist eine andere Geschichte.).
Nun denn, so viel also zu meiner Schulzeit, meinem Studium, der Literaturwissenschaft und Faust. Für Menschen wie mich, die jetzt Kinder haben, hat Monika Kruse-Köhn vor kurzem ein Pappbilderbuch gemacht. Es heißt natürlich: Doktor Faustus. Und bis auf das Gretchen kommen alle darin vor.
Wie Ihr seht, hat Monika etwas sehr Kluges gemacht: Anstatt die lieben Kleinen mit Mephisto oder komplizierten Zukunftsvisionen zu gruseln, lässt sie die Protagonisten zum Zählen aufmarschieren. Von einem Pudel über sieben Hexen bis zu zehn Wolken sind alle dabei.
Warum ich das so klug finde? Ich hatte ja bereits hier über meine mangelnde Begabung in den MINT-Fächern berichtet, mein Verhältnis zu Zahlen ist – trotz oder vielleicht auch wegen der Exceltabellen – nachhaltig gestört. Mit Doktor Faustus kommen zukünftige Literaturwissenschaftlerinnen, Excel-Expertinnen oder Hellseher*innen nicht nur spielerisch mit Weltliteratur in Berührung, sondern lernen dabei noch das Zählen – und das hätte Universalgenie Goethe doch sicherlich erfreut!
Monika Kruse-Köhn: Doktor Faustus. Kokolaut 2018, ab 2 Jahren, 15,00 €.