Ein Bilderbuch über Depressionen
Eigentlich sollte es etwas nahtloser mit meiner Januar-Reihe weitergehen, aber wie sagt man so schön im Internet: Offline ist gerade viel los. Neben mir liegt ein schlafender Monsieur 3, der in den letzten sieben Tagen so ziemlich alles hatte, was man als Kindergartenkind haben kann, wodurch uns keine Minute Freizeit vergönnt war. Als wäre so eine erste Schulwoche nach den Weihnachtsferien nicht schon anstrengend genug für alle Beteiligten.
Wie kriege ich jetzt die Kurve zur heutigen Buchvorstellung? Ehrlich gesagt: schwer. Viel gejammert und gestöhnt habe ich in der letzten Woche, übers Waschen, über Vereinbarkeit, über Krankentage, über Müdigkeit, über fehlende Hilfe. Aber das doch alles irgendwie in dem Wissen, dass auch wieder andere Tage kommen, dass die Sonne bald wieder scheint, dass es schon irgendwie weiter gehen wird.
Das ist bei Fridis Mutter nicht so. Fridis Mutter ist eigentlich Querflötenlehrerin, die Gedichte und Kunst, aber am allermeisten natürlich Fridi liebt. Doch Depressionen lassen sie sich immer mehr zurückziehen. Erst kämmt sie sich nicht mehr und bleibt den ganzen Tag im Nachthemd, dann sitzt sie nur noch da und starrt aus dem Fenster und am Ende öffnet sie ihren Musikschülern einfach nicht mehr die Tür und bleibt im Bett liegen.

„Deine Mutter ist verrückt!“ sagen die Kinder zu Fridi und irgendwann glaubt Fridi das dann selbst. Da verrät ihr Vater ihr ein Geheimnis: Fridis Mutter ist eine Fee, die die Erde rauschen hört und sich deshalb von Zeit zu Zeit zurückziehen muss. Denn Feen sind Wesen der Nacht.
Als Fridis Mutter in eine Klinik fährt, hat Fridi Angst, dass sie nicht mehr zu ihnen zurückkehren wird, doch ihr Vater kann sie beruhigen.
Und da fällt mir wieder ein, dass eine Fee für immer zu den Menschen gehört, denen sie sich zu erkennen gibt.
Wie jedes Buch, das ich von Nikola Huppertz in der Hand halte, ist auch Meine Mutter, die Fee wunderschön. Zum einen sprachlich, zum anderen mit so viel Tiefgang und Empathie für ihre Figuren, dass vermutlich auch die ganz Hartgesottenen zumindest mal werden schlucken müssen. Denn Meine Mutter, die Fee berührt beim Lesen, ganz gleich, ob man – in welcher Form auch immer – schon einmal mit Depressionen zu tun hatte oder nicht.
Vielleicht hattet Ihr gedacht, dass ich jetzt noch schreibe, wie gut man mit diesem Bilderbuch Kindern das Thema Depression begreifbar machen kann. Ja, das kann man. Doch genauso wichtig finde ich, wie dieses Bilderbuch (auch durch die feenhaften Illustrationen von Tobias Krejtschi) Erwachsene berühren kann. Erwachsene, Kinder, innere Kinder… Was berührt, das öffnet den Blick – für sich und für andere. Und vielleicht findet man dann plötzlich die eigenen richtigen Worte, um das Unaussprechliche zu erklären.
Minusch von 2kinder/küche/bad/Balkon hat einen ganz zauberhaften Text darüber geschrieben, wie sie dieses Buch auf der Frankfurter Buchmesse entdeckte, hier könnt Ihr ihn lesen und hier geht es zur Leseprobe beim Tulipan Verlag.
Ich wünsche Euch einen schönen Restsonntag. Macht es Euch schön!
Nikola Huppertz, Tobias Krejtschi: Meine Mutter, die Fee. Tulipan 2018, ab 4 Jahren, 15,00 €.