„Und was liest du so?“ mit Julia Neuhaus
Menschen, die mit Kindern und Literatur zu tun haben, stellen ihr Lieblingskinderbuch vor
Heute haben wir quasi eine kleine Familienunion in dieser meiner Lieblingsrubrik – nämlich von Julia Neuhaus, Till Penzek und Tokki! Julia und Till sind sind Eltern zweier Töchter und seit neuestem auch von Tokki, wenn man denn ein gemeinsam erschaffenes Bilderbuch als „Baby“ bezeichnen möchte. 🙂
Tokkis Reise ist das dritte Buch der beiden Illustratoren (Was ist denn hier passiert? hatte ich Euch bereits vorgestellt) und handelt von dem kleinen Außerirdischen Tokki, der von seiner Mutter losgeschickt wird, um Milch zu holen. Eigentlich ein ganz einfacher Auftrag, oder? Doch dann streikt Tokkis Raumschiff, er muss auf der Erde notlanden und ein Ersatzteil besorgen und man kann nur sagen: Zum Glück hat er einen Korb voller Andromeda-Äpfel dabei!
Wo sich nun schon die ganze Familie auf dem Blog tummelt, verstand es sich von selbst, dass ich auch Julia nach ihrem Lieblingskinderbuch befragte. Und sie antwortete mit einem Klassiker der amerikanischen Kinderliteratur:
„Es gibt Bücher, die lesen sich wie Butter! Die machen einem beim Vorlesen einfach Spaß, weil JEDES Wort sitzt! Der amerikanische Autor und Illustrator Arnold Lobel (*1933, +1987) verstand definitiv sein Handwerk, weshalb seine Bücher im Amerika der 70er zu Kinderbuchklassikern avancierten. In Deutschland sind sie weniger bekannt, was sehr schade ist, denn: Frosch und Kröte ist so ein Ich-lese-mich-wie-Butter-Buch!
Frosch und Kröte sind beste Freunde. Frosch ist unternehmungslustig und positiv eingestellt, oft der Verständigere der beiden Freunde. Kröte ist sehr emotional und kann schlechte Laune, Ärger und Entäuschung schlecht zurückhalten. Sie sind ein unzertrennliches Team (im amerikanischen Original übrigens beide männlich) und erleben gemeinsam alltägliche Abenteuer.
Als Leser lernen wir dabei so einiges über Mut, Freude, Angst, Scham, Mitgefühl, wahre Freundschaft und über persönliche kleine Schwächen. Ob 40 oder vier Jahre alt, wir müssen uns einfach mit den beiden Protagonisten identifizieren: Wir erkennen uns in der maulenden Kröte wieder, die vom Frühaufsteher Frosch aus ihrem Winterschlaf geweckt wird und nicht aus den Federn kommt. Frosch muss zu einer List greifen und den Kalender fälschen, um Kröte zum Aufstehen zu bewegen. Wir freuen uns mit Kröte über die erste Post ihres Lebens und suchen mit den beiden Freunden verlorene Knöpfe. Wir durchleben das ganze emotionale Spektrum eines Froschs und einer Kröte, die meist doch allzu menschlich scheinen!

Das große Buch von Frosch und Kröte, dtv 2015
Die Geschichten behandeln auch philosophische Ideen, wie etwa „die Kunst der Geduld“. Oder so abstrakte Begriffe wie „Willensstärke“ erklären sich dem Leser, als Frosch und Kröte diese beweisen wollen, jedoch an einer Dose mit Keksen scheitern. In einer Geschichte besteht Kröte darauf, in ihrem Badeanzug schwimmen zugehen, weil sie sich anscheinend nackt geniert. Aber in ihrem Badeanzug schämt sie sich genauso und verlangt von den anderen Tieren, wegzuschauen bevor sie aus dem Wasser steigt. So erregt sie allerdings erst recht deren Aufmerksamkeit und alle wollen nun diesen „komischen“ Badeanzug sehen. Das Problem scheint also, wie so oft, eher bei Kröte zu liegen.
Die Illustrationen von Arnold Lobel, die den Text begleiten (Lobel war Autor und Illustrator in Personalunion) sind so klar und auf dem Punkt wie der Text. Braun und grün kolorierte Zeichnungen, angenehm altmodisch, sehr auf die Emotion der Protagonisten fokussiert!
Die äußerst humorvollen Geschichten eignen sich zum Vorlesen für Kinder ab drei Jahren genauso wie für Erstleser in der Grundschule. Frosch und Kröte ist bei dtv als Sammelband erschienen. Wer findet, sollte sich aber die alten Einzelbände von Carlsen antiquarisch zulegen, denn diese sind, wie ich finde, besser übersetzt.“
Arnold Lobel: Das große Buch von Frosch und Kröte (Übersetzung: Tilde Michels). dtv 2015, ab fünf Jahren, 12,95 €.
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