Beltz&Gelberg, Klett Kinderbuch, Sachbuch, wissen, lernen, Tiere, Nutztiere, Bauernhof

Zwei Sachbücher über Lebensmittel und Tierhaltung

Im letzten Jahr gab es einen kleinen und überraschenden Shitstorm: Konventionelle Tierzüchter*innen gingen via Facebook und Amazon auf den Klett Kinderbuch Verlag los, weil der in seinem acht (!) Jahre alten Buch Alles lecker! (Leseprobe) Unterschiede in der Schweinehaltung, genauer gesagt zwischen Bio-Schweinezucht und Massentierhaltung, zeigte. Die ganze Geschichte könnt Ihr hier in diesem Interview mit Monika Osberghaus nachlesen.

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Wir alle kennen ja diese niedlichen seichten Pappbilderbücher über Bauernhöfe und die Tiere, die dort in Frieden leben (Apropos „in Frieden auf einem Bauernhof leben“: Kennt Ihr schon Böse?). Ich würde sagen: Im Kleinkindalter ist das durchaus okay, aber wenn Kinder eine Phase erreichen, in der sie Sachverhalte erkennen und hinterfragen können, dann sind sie auch bereit zu erfahren, wo die Wurst auf ihrem Brot und wo die Milch aus ihrem Becher herkommt. Nicht, um den Bio-Hirsebrei und das Toast mit Salami gegeneinander auszuspielen (Kleiner Reminder: Ein Fünftel aller deutschen Kinder wächst in Armut auf und ist froh über jede Scheibe Salami auf dem Toast.), sondern um Kinder zu informierten und zu mündigen Heranwachsenden werden zu lassen, die wissen, wie Tiere in Deutschland gehalten werden und nicht irgendeiner romantischen Bauernhof-Idylle aufsitzen – das Schlachten von Schweinen oder das Ernten von Gurken übernehmen nämlich in der Regel nicht mehr der Knecht Alfred und die Magd Ida, sondern Arbeitskräfte aus Osteuropa. Auch das sollte man wissen.

Bücher sind das beste Mittel für den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand und mit dieser schönen Überleitung wären wir auch schon bei zwei Neuerscheinungen aus dem Herbstprogramm, die sich genau diesem Thema widmen.

Wo kommt unser Essen her?

Julia Dürr, Enkeltochter eines Bäckermeisters, hat sich die Frage gestellt Wo kommt unser Essen her? und direkt bei den Betrieben nachgefragt. Von Schlachthof bis Apfelplantage hat sie sich Produktionsabläufe in kleinen und großen Betrieben angeschaut. Sie war in einem Hühnerstall mit 12.000 jungen Hennen, war dabei als Schweine in ihre Einzelteile zerlegt wurden und schritt Tomatenpflanzen in Gewächshäusern ab. All die Erkenntnisse, die sie bei ihren Betriebsbesichtigungen gewonnen hat, hat sie neutral und sachkundig aufgeschrieben und illustriert.

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Julia hat den Weg von sieben gängigen Lebensmitteln – Milch, Brot, Eier, Tomaten, Fleisch, Äpfel und Fisch – von der Produktion bis auf unsere Teller nachverfolgt und stellt auf jeweils vier großformatigen Doppelseiten Bauernhof und Betrieb einander gegenüber. Was haben wir da zum Beispiel gelernt? Dass Hühner sowohl auf dem Bauernhof als auch im Legehennenbetrieb mit 13 Monaten geschlachtet werden. Dass es auf Bauernhöfen Milchautomaten gibt, an denen man sich Milch abzapfen kann. Dass Milchkühe in einem Milchbetrieb auf einem Melkkarussell stehen und fertig gemolken sind, wenn sie eine Runde gedreht haben. Dass Fische Läuse haben können. Was wir noch nicht wissen: Warum Julia nach ihren Recherchen keine Eier mehr essen kann, weder Bio-Eier noch andere. Das muss ich sie nochmal fragen.

Bis dahin könnt Ihr aber hier schon einmal einen Blick ins Buch werfen und Euch davon überzeugen, dass niedliche Illustrationen und knallharte Fakten tatsächlich zusammen passen! Ich empfehle Wo kommt unser Essen her? interessierten Familien mit Kindern ab Vorschulalter und unbedingt Erzieher*innen und Lehrer*innen in der Vorschule und der 1. und 2. Klasse.

Julia Dürr: Wo kommt unser Essen her? Beltz&Gelberg 2020, ab 6 Jahren, 14,95 €.


Das wahre Leben der Bauernhoftiere

Der zweite Buchtipp kommt von Klett Kinderbuch, aufgrund des Shitstorms hat sich Verlegerin Monika Osberghaus nämlich dazu entschieden, ein Buch über Das wahre Leben der Bauernhoftiere herauszubringen und diesen Plan mit der Illustratorin Lena Zeise umgesetzt.

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Sehr sachlich und informativ gibt das Buch Einblicke in das Leben von Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen und Hühnern. Es zeigt die Lebensbedingungen der Tiere sowie deren Transport und die Weiterverarbeitung in Lebensmitteln, in denen man ihre Existenz vielleicht gar nicht ahnt – zum Beispiel Milchpulver in Schokolade, Schweineschwarten als Gelatine in Weingummi oder Eipulver in Keksen.

Was haben wir gelernt? Dass die erste Milch, die ein Kalb trinkt, Biestmilch genannt wird. Dass deutsche Großbetriebe für gerodeten Regenwald in Südamerika verantwortlich sind, weil dort Soja als Futtermittel angebaut wird. Dass ein Legeküken nach einem Monat nur halb so viel wie ein Mastküken wiegt. Besonders eindrücklich wird das Ganze durch die naturalistischen Bilder von Lena Zeise, die für Rinder, Schweine und Hühner eine fotorealistische Maltechnik verwendet hat. Hier entlang geht es zum Blick ins Buch.

Das wahre Leben der Bauernhoftiere empfehle ich – insbesondere aufgrund der eindrücklichen Bilder – Familien mit Grundschulkindern sowie Lehrer*innen für die 3. und 4. Klasse. Die Intention des Buches: dass wir aufgrund der Informationen, die wir nun erhalten haben, selbstständig und mündig entscheiden können, was wir davon auf unsere Teller lassen und was nicht – dabei sollten wir allerdings weiterhin nicht die 2,8 Millionen Kinder vergessen, die mit ihren Familien in Armut aufwachsen (siehe oben). Das ökologische Schnitzel muss man sich eben auch leisten können.

Also ein Buch nicht nur für Familien, sondern auch für Julia Klöckner!

Lena Zeise: Das wahre Leben der Bauernhoftiere. Klett Kinderbuch 2020, ab 7 Jahren, 16,00 €.


Eine Antwort zu „Du bist, was du isst”.

  1. Avatar von Sachbücher – Wissensdurst stillen im neuen Jahr! – Juli liest

    […] auf jeweils einer Doppelseite informativ und anschaulich alle 17 Ziele der UN, von Armut und Konsum über saubere, bezahlbare Energie bis hin zu starken […]

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