Autor*innen und Illustrator*innen stellen ihr Lieblingskinderbuch vor
Heute habe ich die besondere Freude und Ehre, in unser aller Lieblingsrubrik Und was liest du so? einen Illustrator zu begrüßen, der aus unserem Bücherregal nicht mehr wegzudenken ist, ob als Solokünstler oder im Team: Philip Waechter. Sein Fußball-Buch Sehr berühmt hatte ich Euch bereits vorgestellt, doch man kann es an dieser Stelle ruhig noch einmal zeigen. Außerdem lieben wir Toni und freuen uns, das gerade der zweite Band der Kindercomic-Reihe erschienen ist. Und auch Ich so du so von der Ateliergemeinschaft LABOR wird hier sehr häufig hervorgeholt. Vermutlich kennt Ihr schon die Kritzelbücher der Künstler*innen-Gruppe?
Philip lebt mit Frau und Sohn in Frankfurt und hat heute einen sehr persönlichen Buchtipp mitgebracht. Deshalb fragen wir auch schon: Und was liest du so, Philip Waechter?
Eines meiner allerliebsten Kinderbücher ist Danny oder Die Fasanenjagd von Roald Dahl. Dieses Buch gibt es schon ziemlich lange, und es hat in den letzten vierzig Jahren immer wieder eine wichtige Rolle für mich gespielt.
Erschienen ist es Mitte der 1970er Jahre und zu dieser Zeit hat es uns, meinen beiden Brüdern und mir, mein Vater vorgelesen. An das eigentliche Vorlesen damals kann ich mich nur noch ganz dunkel erinnern, umso besser aber an einen sonntäglichen Spaziergang, vor dem wir Kinder uns mit Stöcken, sowie Pfeil und Bögen ausrüstet hatten, um selber auf Fasanenjagd zu gehen, um so dem von uns Kindern wenig geschätzten Spaziergang ins Grüne etwas mehr Würze zu verleihen. Natürlich hat sich uns nie auch nur ein Fasan gezeigt.
Etwa zwanzig Jahre später war dieses Buch einer meiner ersten Aufträge als Illustrator. Für den Oetinger Verlag durfte ich diesen Titel bebildern, der 1999 als Klassiker in der Auslese-Reihe erneut aufgelegt wurde. Erneut hat mich dieser Text tief beeindruckt. Die Geschichte erzählt von Vater und Sohn, die zu zweit in einem ausrangierten Zirkuswagen leben und gemeinsam eine kleine Tankstelle betreiben.
Danny erlebt mit seinem Vater unterschiedlichste Abenteuer, Ihren eigentlichen Höhepunkt findet die Geschichte, als Danny eines Tages erfährt, dass sein Vater ein dunkles Geheimnis hütet. Dannys Vater ist nämlich ein leidenschaftlicher Wilddieb, und ist spezialisiert auf das Jagen von Fasanen. Dannys Vater weiht seinen Sohn also in die Kunst des Wilderns ein, und gemeinsam machen sich die beiden eines Nachts auf die Pirsch. Ihr Vorhaben endet in einer unglaublichen und irrsinnigen Fasanenjagd, bei der es in erster Linie darum geht, den verhassten Großgrundbesitzer Victor Hasel reinzulegen. Warum und wie die beiden diese Fasanenjagd angehen ist so komisch, lustig, klug, verrückt und absolut lesenswert.
Das eigentlich Bemerkenswerte und Beeindruckende an diesem Text ist für mich allerdings die Art und Weise, wie Roald Dahl das Verhältnis zwischen Vater und Sohn beschreibt: Eine Vater-Sohn-Beziehung, von tiefer und bedingungsloser Liebe, voller Vertrauen und Zuneigung, die dennoch zeitweise auch mit einer mir ungewohnten Strenge einhergeht. Dannys Vater nimmt seinen Sohn ernst, überträgt ihm sehr verantwortungsvolle Aufgaben, weiht ihn in seine Überlegungen ein. Aus all diesen Aspekten entsteht eine Innigkeit und Verbundenheit der beiden, die mich als Leser ungemein ge- und berührt hat, und mir manches Mal Tränen in die Augen getrieben hat.
Weitere 15 Jahre später haben meine Frau und ich, unserem Sohn dieses Buch erneut abends vor dem Einschlafen vorgelesen und es war auch diesmal, wie soeben beschrieben, einfach toll! Wir haben zusammen gelacht. Und auch ein bisschen geweint.
Roald Dahl: Danny oder Die Fasanenjagd (Übersetzung: Sybil Gräfin Schönfeldt). rororo 2001, ab 10 Jahren, 8,99 €.
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