Menschen, die mit Kindern und Literatur zu tun haben, stellen ihr Lieblingskinderbuch vor

Endlich einmal wieder ein Und was liest du so? – habt Ihr es auch so vermisst wie ich? Ich habe ja mal erzählt, dass ich diesen Blog gestartet habe, weil ich den Job gewechselt hatte und mir das Schreiben sehr fehlte. Jetzt habe ich wieder den Job gewechselt und schreibe dort sehr viel und -Bähm!- schon leidet der Blog ein wenig. Bis ich mich wieder einigermaßen sortiert habe, wird es hier also ein wenig seltener Beiträge geben, aber keine Sorge: Es wird lediglich an Quantität, nicht aber an Qualität mangeln! 😉
Nun aber genug von mir – kommen wir zu Silke Schlichtmann. Silke ist Kinderbuchautorin, Münchnerin und Mutter von vier Kindern, sie hat unter anderem hier in Kiel an derselben Uni studiert wie ich und dabei sogar einen Doktortitel erworben. Doch irgendwann entschied sich Silke, nicht mehr für Studierende, sondern für Kinder zu schreiben: Ihr erstes Buch Pernilla oder Wie die Beatles meine viel zu große Familie retteten erschien im Frühjahr 2015 im Carl Hanser Verlag, die Fortsetzung Pernilla oder Warum wir nicht in den sauren Apfel beißen mussten folgte im März 2016 (beide Bände wurden übrigens von Susanne Göhlich illustriert).
Silkes neues Buch Bluma und das Gummischlangengeheimnis liegt aktuell auf meinem SuB und wird hier demnächst noch ausführlich besprochen. Deshalb frage ich jetzt auch schon: Und was liest du so, Silke Schlichtmann?
„Mein Lieblingskinderbuch? Keine leichte Frage. Nicht, weil mir kein Buch einfiele, sondern weil mir gleich so viele einfallen. Bücher, in die ich versunken bin, die mich tief berührt, zum Nachdenken gebracht haben – auch weit über die eigentliche Lektüre hinaus. Als Kind, als Jugendliche, als Erwachsene. Bücher, die ich schätze, liebe und sehr gern weiterempfehle.
Da sind die Bücher meiner Kindheit. Natürlich rauschhaftes Lesen mit Enid Blytons Fünf Freunden und vielen ihrer anderen Figuren, Erkunden der griechischen Sagenwelt mit großformatigen, aus der Bibliothek entliehenen Büchern, deren genaue Titel ich leider nicht mehr weiß (obwohl ich noch genau weiß, wie sie aussahen), Versinken in eine frühere Zeit mit Else Urys Nesthäkchen, Entschwinden in eine andere Welt mit Michael Endes Unendlicher Geschichte, Abenteuerleben mit Werner Schraders Die Kinder vom Teufelsmoor, nachhaltig erwachendes historisches Interesse mit Judith Kerrs Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, Myron Levoys Der gelbe Vogel dann auch. Astrid Lindgren natürlich (Pippi Langstrumpf und, was mich viel mehr beschäftigte und berührte: Die Brüder Löwenherz, aber auch die Bullerbü-Geschichten und Madita und Pims). James Krüss‘ Pauline und der Prinz im Wind. Und, und, und…
Ich könnte jetzt noch lange, lange weiter Titel um Titel aufzählen und hätte trotzdem das Gefühl, irgendein ebenfalls sehr wichtiges Buch zu vergessen. Mit jedem Buch verbinde ich bestimmte Situationen, Stimmungen, Gefühle. Vermutlich würde bei einer Relektüre heute vieles anders sein, aber das ist ja gerade auch das Spannende – dass ein und dieselbe Geschichte bei jedem Lesen wieder ein bisschen eine andere ist.
Später, als Jugendliche und danach, habe ich dann erst einmal viele Jahre nur noch sogenannte Bücher für Erwachsene gelesen (ich verzichte hier auf eine Liste). Heute ist das wieder anders. Ich lese Bücher. Ein Buch nach dem nächsten. Und mal ist dieses eine Buch ein wunderbarer Roman von Benedict Wells (Vom Ende der Einsamkeit), mal ein tolles Bilderbuch von Ole Könnecke (Anton kann zaubern), mal ein berührendes Kinderbuch von Jens Raschke (Schlafen Fische?) oder ein wirklich ganz besonders beglückendes Jugendbuch von Mette Eike Neerlin (Pferd, Pferd, Tiger, Tiger).
Dabei spielt bei meiner Bücherwahl die Aufteilung in Kinder- und Jugendliteratur auf der einen und Erwachsenenliteratur auf der anderen Seite praktisch keine Rolle mehr. Oder, anders und genauer formuliert: Diese Aufteilung erscheint mir höchstens in die eine Richtung sinnvoll, insofern viele Bücher für Erwachsene von Kindern noch nicht (vollständig) zu verstehen sind. Umgekehrt aber gilt für mich: Ein (literarisch) gutes Kinderbuch (und da beginne ich schon beim Bilderbuch) ist immer auch ein gutes Buch für Erwachsene.
Und jetzt, ganz zum Schluss, kommt es nun endlich doch noch, das eine Kinderbuch, das ich hier Kindern wie Erwachsenen ans Herz legen möchte. Und zwar aus ganz einfachen Gründen: Weil es mir, als ich eben meine Antwort auf die „Und was liest du so?“-Frage zu schreiben begann, dann doch als Allererstes eingefallen ist. Weil ich es schon so oft vorgelesen habe und immer wieder lachen und weinen konnte. Weil ich es noch öfter verschenkt habe und wirklich jedes Mal begeisterte Rückmeldungen erhielt. Und vor allem, weil es ein berührendes Buch ist, gut erzählt, in einem eigenen Ton. Ich meine Maria Parrs Debüt Waffelherzen an der Angel von 2008 (das norwegische Original erschien 2005). Eine wundervolle Freundschaftsgeschichte: Der achtjährige Trille weiß, dass Lena seine beste Freundin ist. Aber er weiß nicht, was er für sie bedeutet. Lena hat es ihm noch nie gesagt. Und er hat sie noch nie gefragt.
Und wer die Waffelherzen (ab 7 Jahren, zum Vorlesen schon für ältere Kindergartenkinder) mit Gewinn gelesen hat, kann sich gleich noch Sommersprossen auf den Knien von 2010 (norwegisches Original 2009, ab 9 Jahren, zum Vorlesen ebenfalls bereits viel früher), von derselben Autorin, einverleiben. Und wird dann – vielleicht – wie ich darauf warten, dass Maria Parr irgendwann bitte ein drittes Buch schreibt.“