Dunkle Gedanken und ein heller Satz
Es gibt ja diesen dunklen Momente, Ihr kennt sie sicherlich auch. Diese Momente, in denen man nahezu alles, was man macht und tut in Frage stellt und am liebsten jemand anderes wäre. Oder zumindest irgendwann im Leben woanders abgebogen wäre.
Die einstige Studienwahl? Völlig falsch. Der Job? Absolut nervig. Die Kindererziehung? Als würde man alles falsch machen. Der Blog? Vollkommen unnütz. Je nach Tagesform laufen ein bis vier Dinge richtig schief, wobei der Blog häufig das ist, was mir die gute Laune rettet. Doch auch das ist leider nicht an allen Tagen gegeben.
Wenn ich zum Beispiel gefragt werde, ob ich denn auch über „seriösere“ Themen schreiben könnte als „nur“ über Kinderbücher. Wenn wieder irgendeine Sau durchs Blogger-Dorf getrieben wird, nur für den Klick, für den Augenblick. Wenn das 180. Möhrenkuchen-Rezept zu Ostern für alle interessanter ist als die kleine Meise, die aus dem Ei schlüpft. Wenn man belächelt wird, weil man als Frau und Mutter über irgendein Kinderthema schreibt (und schon hat man wieder was mit der Möhrenkuchen-Fraktion gemeinsam).
Ja, genau. Auch ich bin also ein Mensch mit dunklen Momenten, in denen ich mich frage, warum ich das hier mache. Eigentlich weiß ich es ja: weil mir Lesen wichtig ist. Weil mir die Freude an Literatur wichtig ist. Weil ich der festen Überzeugung bin, dass es lesende Kinder in ihrem späteren Leben in vielen Bereichen – kulturell, sozial und geistig – viel leichter haben werden als jene, denen nicht vorgelesen wurde. Daran glaube ich und deshalb schreibe ich über Literatur für Kinder.

Nun ist es ja aber leider so, dass die dunklen Momente so dunkel sind, weil die eigenen Motivationssätze dann nicht ausreichen. Oder die dunklen Momente sind so dunkel, dass die eigenen Motivationssätze dann nicht ausreichen. Je nachdem. Dann benötigt man jemanden, der einen daran erinnert, warum man das eigentlich alles macht. Und diesen Jemand habe ich sozusagen in dieser Woche gefunden und zwar in der Rede von Kirsten Boie anlässlich des Sonderpreises des deutschen Jugendliteraturpreises für ihr Lebenswerk – das war übrigens 2007 (!).
Ich bin kein Freund von Kalendersprüchen oder Motivationskarten, doch jetzt habe ich so einen Spruch und ich finde ihn ganz großartig, weil er genau das aussagt, was ich schon die ganze Zeit fühle, jedoch nicht in Worte fassen konnte (vermutlich kann ich also tatsächlich nicht über seriösere Themen schreiben). In ihrer wunderbaren Rede (die Ihr in ihrer Gänze hier nachlesen könnt) zitiert Kirsten Boie Astrid Lindgren – scheinbar hat man als Kinderbuchautorin manchmal ähnliche Momente wie als Kinderbuchbloggerin. Doch zum Glück gab es ja Astrid Lindgren und ihre kluge Auffassung von der Welt und ihren großen und kleinen Bewohnern.
Und weil mit diesem Zitat gleich alles gesagt sein wird, wünsche ich Euch jetzt ein schönes Osterwochenende, mit vielen Büchern und tollen Geschichten und guten Gesprächen und gebe ab an Astrid Lindgren:
Nehmt zehn jetzt lebende Menschen, die ihr hoch schätzt und von denen ihr meint, dass sie wirklich etwas für die Menschheit geleistet haben, geht zurück bis in ihre Kindheit, und ich bin überzeugt, ihr findet zehn kleine Leseratten. Denn alles, was entsteht, muss zunächst einmal in der Fantasie eines Menschen Gestalt annehmen, wie sonst sollte es entstehen?