Offenbar startet der Januar 2020 als Monat der Jugendbücher – das liegt daran, dass ich in den Weihnachtsferien endlich einmal Zeit habe, den Stapel der Jugendromane, der hier 2019 schon etwas anklagend stand, ein wenig abzuarbeiten.
Traumspringer ist ein Buch, von dem ich froh bin, dass es mir ans Herz gelegt wurde, denn von allein wäre ich sicherlich nicht darauf gekommen, es zu lesen. Und die eine oder andere Blogleserin wundert sich vermutlich auch, hier so ein goldschimmerndes Fantasy-Cover vorzufinden.
Als Jungsmutter bin ich mittlerweile froh, wenn in diesem Haushalt überhaupt noch gelesen wird und deshalb schleppe ich alles an, was irgendwie gefallen könnte. Nach wie vor bin ich der Meinung „Hauptsache, das Kind liest!“, aber wenn wir mal ehrlich sind, ist da für Jungs ab 10 Jahren auch sehr viel… Quatsch dabei. Immer irgendwelche Zombies und Dämonen und Außerirdische und was weiß ich. Der jugendliche Held, der auf Âventiure geht und dabei die immer gleichen Abenteuer erlebt.
Traumspringer, dtv
Dass das auch anders geht zeigt Alex Rühle in Traumspringer: Leon erfährt eines Tages von einem mysteriösen Mann namens Morpheus, dass er ein Traumspringer ist; er kann in die Träume von anderen Menschen eintauchen. Morpheus bittet Leon um Hilfe, denn sein Bruder Krato will alle Traumarchive plündern, um etwas Großes und Mächtiges damit zu erschaffen. Und wo wäre die Menschheit ohne ihre Träume?
Also muss Leon zwischen Tag- und Nachtwelt hin und her springen, um Krato das Handwerk zu legen. Beide Welten sind eng miteinander verknüpft: Tagsüber freundet sich Leon mit dem Tschetschenen Elias an, der sich illegal in Deutschland aufhält und verzweifelt nach seiner Schwester sucht, die wie viele Kinder und Jugendliche plötzlich verschwunden ist. Gleichzeitig verfallen Leons Klassenkameraden und auch sein Vater (Schöne Idee!) einem neuen Spiel, das Smartphones sozusagen zum Leben erweckt: In einer 3D-ähnlichen Grafik hilft man Gejagten dabei, Verfolger*innen abzuschütteln.
Nachts lässt sich Leon von Morpheus und seiner Schwester alles über die menschlichen Träume, die von den beiden in Traumgläsern gehütet werden, erzählen und kommt nach und nach Kratos perfidem Plan auf die Schliche. Ich spoilere vermutlich nicht, wenn ich sage: Alles hängt mit allem zusammen.
An Traumspringer gefallen mir sehr viele Dinge, am meisten die Verknüpfung von Fantasy-Elementen mit der aktuellen Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. Ich mag die Idee, ein sich illegal aufhaltendes Geschwisterpaar einzubauen – sowohl in Bezug auf das Misstrauen, das Elias der Welt gegenüber an den Tag legt, als auch die Tatsache, dass es niemandem auffällt, wenn so ein Kind verschwindet. Das Problem der Spielsucht, die im Roman auch viele Erwachsene befällt, wird ohne pädagogischen Zeigefinger benannt und nicht bewertet. Es gibt klassische Jugendbuch-Elemente wie Mobbing und die erste Liebe und gleichzeitig auch viel Fantastisch-Gruseliges.
Fantasy-Leser*innen kommen bei Traumspringerabsolut auf ihre Kosten – und erhalten trotzdem auch noch eine große Portion Realität. Gefällt mir! (Hier entlang geht’s zur Leseprobe.)
Alex Rühle: Traumspringer. dtv 2019, ab 10 Jahren, 14,95€.
[…] des Herzwaldes einfach nicht mehr aus und begibt sich auf Âventiure (werde dieses Wort ab sofort regelmäßig benutzen). Auf seinem Weg trifft es den WASbären, den NAhUND und die KönigsDOCHter und Ihr ahnt natürlich […]