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Was wir dachten, was wir taten

Wie vermeintliche Nichtigkeiten eine Katastrophe auslösen können

„Es ist ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem aufgetreten!“ schalllt es durch die Lautsprecher, als eine Oberstufenklasse über einer Matheklausur brütet. Nach einiger Zeit des Grübelns und ein wenig Diskussion sind sich die Klasse und auch ihr Lehrer Herr Filler einig, dass es sich um einen Amoklauf handeln muss.

Während alle dennoch Zeit finden, auf ihren Lehrer einzureden, dass sie unter diesen Umständen auf gar keinen Fall mehr weiter an der Klausur schreiben können, gelingt es dem mit einer Pistole bewaffneten Amokläufer, ins Klassenzimmer einzudringen und die Tür zu verbarrikadieren – 14 Schüler und Herr Filler sind nun in den Händen eines Maskierten und diesem vollkommen ausgeliefert.

Und das nutzt der Amokläufer aus. Denn er schießt nicht wild um sich, sondern zwingt alle im Raum mit vorgehaltener Waffe, „seine letzten Wünsche“ zu erfüllen, zehn an der Zahl. Umschlag für Umschlag muss Herr Filler öffnen, um die perfiden Forderungen des tonlosen Amokläufers vorzulesen – und diese zerren alles an Verlogenheit, Opportunismus, Arroganz und Mobbing an die Oberfläche, was so eine Oberstufe inklusive Lehrer zu bieten hat.

143 Minuten sind die Schüler und Herr Filler in der Gewalt des Amokläufers, genug Zeit, um die niederen Instinkte bei sich selbst und den anderen genauestens studieren zu können. Als der Amoklauf in einem beinahe unerträglichen Showdown endet, ist die Welt für alle Beteiligten nicht mehr dieselbe…

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Ich würde Euch gern noch viel mehr über Was wir dachten, was wir taten erzählen, doch das würde natürlich einen unsäglichen Spoiler-Alarm bedeuten (wer das Hörbuch für einen Jugendlichen kaufen möchte und sich nicht sicher ist, darf mir gern eine Mail schreiben). Wovon ich Euch aber noch erzählen kann, ist meine Begeisterung über die Machart des Hörbuchs.

Der aufmerksame Leser weiß ja, dass ich Erwachsenen- und Jugendliteratur aus Zeitmangel in der Regel als Hörbücher konsumiere und deshalb auch immer auf die Buchausgabe verweise. Doch in diesem Fall ist das Hörbuch einfach ein Muss, wie ich finde.

Birte Schnöink, Julian Greis und Sebastian Rudolph gehören allesamt zum Ensemble des Hamburger Thalia Theaters und verwandeln als Fiona, Marc und Anton Filler Was wir dachten, was wir taten in ein packendes Kammerspiel. Aus drei Perspektiven (für mich natürlich hochinteressant: die des Lehrers) wird der Amoklauf erzählt, wir werden mit drei unterschiedlichen Gefühlsregungen und Wahrnehmungen konfrontiert, drei Vorgeschichten werden mit den Geschichten der übrigen Schüler und der maskierten Person verwoben und ergeben am Ende ein schreckliches – aber nicht ungewöhnliches! – Gesamtbild.

Und um vielleicht doch noch ein kleines bisschen zu spoilern: Kunden, die Tote Mädchen lügen nicht mochten, mochten auch Was wir dachten, was wir taten – allerdings ohne diesen ganzen Highschool-Kram und dadurch um einiges näher an der eigenen Lebenswirklichkeit.

Lea-Lina Oppermann: Was wir dachten, was wir taten. Vollständige Lesung von Birte Schnöink, Julian Greis und Sebastian Rudolph (3 CDs, 4 Std. 19 Min.). Hörcompany 2017, ab dreizehn Jahren, 14,95 € oder als Download 9,99 €.

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