Süddeutsche Zeitung, Journalistin, Familie, Vereinbarkeit, Kleine Fluchten - großes Glück,

Autor*innen und Illustrator*innen stellen ihr Lieblingskinderbuch vor

Beinahe hätte ich dieses Intro genauso begonnen wie das von Nora Imlau, denn auch Vera Schroeder begleitet mich quasi durch meine gesamte Mutterschaft (also seit sage und schreibe elf Jahren) und ist mir dadurch unheimlich vertraut, obwohl wir uns noch nie begegnet sind: Erst mit dem großartigen Elternmagazin Nido, dann mit dem großartigen Familienmagazin Süddeutsche Zeitung Familie, sowieso auf Twitter und jetzt mit Kleine Fluchten – großes Glück, einem Familienratgeber der etwas anderen Art.

Darin hat Vera zwanzig Fluchten für ein entspannte(re)s Familienleben versammelt, die man in seinen Alltag integrieren und vielleicht sogar dauerhaft installieren kann um Kraft zu tanken und regelmäßig das Gefühl zu verspüren: Ich bin gut genug! Wir machen das gut genug! Unser Leben ist gut genug!

Dabei geht es weniger um durchweinte Babyeltern-Nächte, sondern mehr um das Höher-Schneller-Weiter – den Teufelskreis aus Geld verdienen, konsumieren, Stress haben und mehr Geld verdienen um den Stress durch Yoga-Kurse oder Nachhilfe zu kompensieren. Dabei hat Vera immer den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang im Blick, wohl wissend, dass es existenziellere Probleme gibt als Regenbogenmuffins irgendwohin mitbringen zu müssen, und mit einem empathischen Blick auf die heutige Elterngeneration, die sich – nicht erst seit Corona, Homeschooling und Co. – ziemlich aufgerieben fühlt. Und da Lachen bekanntlich die beste Medizin ist, hat Vera sich Unterstützung von Comiczeicher @kriegundfreitag geholt, der die Auswüchse moderner Elternschaft gewitzt illustriert.

Vera ist Mutter von vier Kindern und liest Zuhause sehr viel vor. Auch in ihrem Buchtipp geht es um die heilende Wirkung von Humor und deshalb fragen wir jetzt:

Und was liest du so, Vera Schroeder?

Mein liebstes Kinderbuch heißt Das Regenauto und ist von Janosch. Es geht in dem Buch um den kleinen Jungen Wanja, der bei seinen Großeltern lebt und von ihnen zum siebten Geburtstag ein Holzauto geschenkt bekommt. Wanja wollte eigentlich ein richtiges Auto, ist deshalb enttäuscht über das Kleine aus Holz und da erzählt ihm seine Großmutter, dass das Auto verzaubert ist und heimlich wachsen kann. Immer, wenn das Kind nun im Regen sitzt und mit dem Auto spielt, wächst es. Der Junge und das Auto fahren dann weg, sie erleben viele Abenteuer und haben lustige Begegnungen. Der Zauber macht die Welt von Wanja groß, die vorher so klein und arm war.

Das ist das tolle an Janosch-Büchern für mich: dass Janosch im Kleinsten das große Ganze auf den Punkt bringt. Dass er die ganze Traurigkeit der Welt und alle Verzweiflung in lustige, bunte Kindergeschichten malt – und mit der Fantasie einen Ausweg aus dieser Traurigkeit dazu. Janoschs Bücher sind das Gegenteil von dem, was der Vermarktungsunfall aus seiner Tigerente gemacht hat: Sie sind sind mutig, ernsthaft, null kitschig und sehr herzenswarm.

Janosch selbst hat wohl eine beschissene Kindheit gehabt, und es heißt, er sei kein besonders netter Erwachsener geworden. In seinen Büchern darf die Welt immer wieder heilen. Oder wenn schon nicht heilen, dann auf jeden Fall so lustig sein, dass ich schon als Kind spüren konnte, das Humor ein unfassbar gutes Mittel ist, um durchs Leben zu kommen. Ich hoffe meine Kinder spüren das auch.


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